Anekdoten von Müllern und Mühlen
Bei den begüterten Bauern war es alt hergebracht, dass ein Fäßchen Schnaps auf dem Hof nicht fehlte. Das war auch in Unterkonrode so, zumal auf einem Einzelgehöft, war doch früher auch eine Schnapsbrennerei dort in Betrieb gewesen. Das Fässchen war in der Böschung, wo sich ein kleiner Keller befand, gelagert. Die Ehefrau des Hauherrn hatte schon lange bemerkt, dass Karl sehr oft diesen kleinen Keller aufsuchte und war darüber nicht sonderlich erfreut. Als Karl wieder einmal von seiner kurzen Wallfahrt zurück kam meinte Luise: "Karl es giwet en Pätchen!"
Die solide Hausfrau war gestolpert und hingefallen. Ihr Kommentar: "Karl trinkt den Schnaps und ich falle!"
Karl und Kath. Elisabeth, hatten einen kleinen Disput, wie er überall mal vorkommt. An Nachwuchs hatten sich schon 7 Kinder eingestellt. Er in seiner Ereiferung: "Nu seng bahl ruich du Ginsel!" Sie meinte dazu: "Aber Karl, ich habe schon siebenmal gebrütet, ich denke doch ich wär'ne Gans!"
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Zwei Schulbuben hatten eine Bestellung nach Konrode gebracht, die Hausfrau freundlich und spendabel, fragte die beiden: "Wollt ihr ein Birnenstück oder ein Musestück?“ Die Buben, immer hungrig, kannten von Hause aus Musebrot zur genüge und wünschten sich ein Birnenstück. Doch wie war die Enttäuschung groß, als jeder eine halbe Birne in die Hand gedrückt bekam.
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Der junge Müllersohn war in heiratsfähigem Alter und hatte seine zukünftige in Lingelbach gefunden. Auf dem Weg zu ihr ging er über den Hemberg, eine kleine Erhöhung zwischen Berta und Lingelbach. Doch nach der Hochzeit entpuppte sich die Angebetete als ein wahrer Hausdrache. Die späte Ernüchterung verleitete ihn zu dem nicht alltäglichen Wunsch: "Wenn ich doch omm Hemberg des Bee gebroche hät!"
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Der Müller Kahl aus der Dorfmühle, war auch von dem Gemeinderat, als Gemeinderechner eingestellt. Doch die Vergütung für seine Arbeit war sehr spärlich. So beantragte er beim Gemeinderat eine Erhöhung seiner Bezüge, doch sein Antrag stieß auf taube Ohren. Er war ja Müller und Landwirt, hatte nach Meinung der Ortsgewaltigen ein ausreichendes Einkommen. Verärgert über die Ablehnung seines Gesuches, nahm er die Rechnungsbücher und warf sie in seiner Wut aus dem Fenster auf den Hof mit den Worten: "So, nu backts au!"
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In der "Guten alten Zeit " war es so üblich dass die Handwerker zum Jahresende, das heißt zwischen den Jahren, ihren Kunden die Rechnung brachten und auch das Geld kassieren wollten. Das war für manchen eine böse Überraschung. Obwohl der Handwerker das ganze Jahr mit seiner Entlohnung zurück hielt, war er trotzdem nicht gern gesehen. So auch beim alten Bauer und Müller, bei dem das ganze Jahr Ebbe in der Kasse war. Zwischen den Jahren, es war ausgesprochenes Sauwetter, Schneeregen und stürmisch, der Schmied trug die Jahresrechnung aus und hoffte auch, dass er nicht mit leerem Portemonnaie heimgehen musste. So trat er bei dem Müller, der gemütlich im Lehnstuhl saß und seine Pfeife rauchte, in die Wohnstube mit den Worten: "So eh Sauwärer heit!" Der Müller, der ja den Anlass des Besuches kannte: "Bei dem Wärer bleibt mer wo mer is!"
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In Mittelkonrod war großer Schlachttag. Zum abendlichen Schlachtschmaus hatte man auch den Herrn Pastor aus Lingelbach eingeladen. Der arme musste ja damals den Weg zu Fuß antreten. Er war bei dem starken Schneetreiben vom Weg abgekommen und hatte sich beim Übersteigen eines Weidezaunes am Stacheldraht in die Hose, an einer Stelle die ein edles Körperteil verdeckt, ein Loch gerissen. Doch das war nicht so tragisch, denn sein langer Kittel verdeckte das peinliche Missgeschick.
Die Hausfrau mit ihren Helferinnen war noch mit der Zubereitung der Malzeit beschäftigt. Der Pastor nahm auf dem erstbesten Stuhl Platz. Er hatte seinen Kittel gelüftet, denn der sollte ja nicht faltig werden und merkte nach einer Weile, dass mit dem Stuhl etwas nicht in Ordnung war.
Die Hausherrin wollte noch hier und da aufräumen, da fiel ihr ein, der Pfarrer sitzt ja auf dem Stuhl wo noch eine Menge Schweinedärme liegen. Oh Schreck, wie kriege ich die da weg ohne, dass der Pfarrer etwas merkt.
Doch der Stuhlsitz hatte ein Loch und sie versuchte, hinter dem Rücken seiner Geistlichkeit mit dem Feuerhacken die Därme zu angeln. Sie ahnte ja nicht's von dem Hosenunfall des Pfarrers und erwischte bei ihrem Vorhaben nicht nur Därme, sondern auch das ungeschützte edle Teil des Kirchenmannes. Der erschrocken und sichtlich entsetzt, wusste nicht was ihm geschah und ergriff panikartig die Flucht. Nie wieder Weschtsopp!
(Quelle: Oberhessische Heimat – Die Mühlen im Berftal, von K. Kaufmann, Berfa, 2010)