Meine Bauernhofgeschichten
Erlebte, erzählte und erfundene Geschichten von Jürgen Thomas
Die Bauernhofgeschichten im Überblick
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Als Alex beim Wagenziehen gestorben ist
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Nelly, die treue Bernadinerhündin
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Nelly und ihr Freund aus Lingelbach
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Nelly und die kleinen Welpen
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Der Räuber, der vor Angst seinen Gummistiefel verlor
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Als Räuber die Kühe stahlen und plötzlich der Autoreifen platzte
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Der Tag an dem der Fuchs kam
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Das Gespenst im Alexanderbaum
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Als Onkel Karl nur noch 3 Finger hatte
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Kommhans auf dem Misthaufen
Mein Bauernhof
Konrode – ein einsam gelegener Bauernhof – gibt es heute immer noch. Seit über 250 Jahren leben dort Menschen und Tiere.
Als ich 5 Jahre alt war, verbrachte ich zum ersten Mal meine Sommerferien in Konrode – dem Bauernhof von meinem Onkel Georg. Der Bauernhof war früher eine Mühle gewesen – mein Urgroßvater war dort der Müller . Ein großes Mühlrad wurde durch einen kleinen Bach angetrieben. Mit großen Pferdefuhrwerken brachten die Bauern im Sommer nach der Getreideernte zur Mühle das Korn, das dort zu Mehl mit schweren Mühlsteinen gemahlen wurde. Daraus wurde dann das Brot gebacken.
Manchmal, wenn es im Sommer besonders heiß war, durfte ich in dem Mühlbach baden. In dem Bach schwammen auch Forellen und kleine Enten.
Das größte Gebäude des Bauernhofes war neben der Mühle das Wohnhaus mit vielen kleinen Zimmern von dem ich eins im Sommer bewohnt habe. Neben der Scheune befanden sich die Stallungen für die Kühe, Pferde, Schweine und Schafe.
In dem Pferdestall wohnte mein Freund Alex – ein großes schwarzes Pferd, auf dem ich oft reiten durfte. Abends führten wir die Kühe von der Weide in den Kuhstall – dort wurden sie dann während sie gemolken wurden mit frischem grünem Gras gefüttert. Die frische Milch schmeckte mir köstlich – auch den vielen Katzen, die immer neben der Milchkanne warteten, dass etwas Milch beim Eingießen überschwappte.
Dann gab es noch den Schweinestall – von weitem konnte man schon den fürchterlichen Gestank riechen. Die Hühner, die neben dem Schweinestall wohnten, störten sich wenig an dem Schweinegestank. Auf dem Dach des Hühnerstalles wohnten die Tauben in einem kleinen Häuschen. Außerdem gab es noch etwas abgelegen von der Scheune einen Schaf- und Kaninchenstall. Und fast vergessen hätte ich zum Schluss noch den Wachhund zu erwähnen – das war Nelly unsere Bernadinerhündin – die wohnte in einer Hundehütte.

Mein Freund Alex
Alex war ein großes Pferd, das für sich allein einen Stall bewohnte. Morgens in aller Frühe habe ich mit meinem Onkel Alex am Zügel auf die Weide geführt. Dort hat er dann den ganzen Tag frisches grünes Gras mit vielen saftigen Kleeblättern gefressen.
Ich brauchte von Weitem nur einmal kurz den Namen „Alex“ zu rufen – schon hat das Pferd die Ohren gespitzt und mich angeschaut. Es kam dann im Galopp angerannt –manchmal hatte ich dabei etwas Angst umgeworfen zu werden. Manchmal hat Alex auch vor Freunde gewiehert – dann habe ich ihn am Hals gestreichelt und ihm ein Stückchen Würfelzucker gegeben – aber nur 1 oder 2 Stückchen – sonst bekommen die Pferde schlechte Zähne.
Am Abend kurz vor Sonnenuntergang wurde von mir und meinem Onkel Alex von der Weide in seinen Stall gebracht. Auf dem Rückweg durfte ich manchmal auf seinen Rücken steigen und nach Hause reiten.
Als Alex – mein Pferd – krank wurde
Eines Tages wurde Alex krank. Alex war für ein Pferd schon sehr alt. Ungefähr 25 Jahre – so genau wusste ich es auch nicht.
In der Nacht bekam Alex häufig Atemnot. Mein Onkel machte in den Sommermonaten die Stalltür nicht mehr zu, sondern stellte nur eine Leiter vor den Pferdestall. So konnte Alex, wenn er kurzatmig war, frische Luft einatmen. Wenn es ihm dann wieder besser ging, hat er sich in das Stroh zum Ausruhen hingelegt und ist dann allmählich eingeschlafen.
Mein Onkel gab Alex abends besonders viel Hafer zum Fressen – dadurch sollte er wieder gesund werden. Etwas kräftiger wurde Alex wieder – dennoch konnte der Hafer ihn nicht mehr richtig gesund machen.
Aber reiten durfte ich immer mal wieder auf Alex – dann habe ich ihn gestreichelt und ihm ein Stückchen Zucker gegeben. Alex hat dann vor Freunde gewiehert.

Als Alex in den Hut biss
Eines Tages als ich wieder mal zu Besuch auf dem Bauernhof war, bin ich auf dem Alex geritten – natürlich ohne Sattel – nur mit Zügeln.
Mein Papa lief neben dem Pferd her. Es war ein schöner Sommertag, ich ritt durch blühende Wiesen und Wälder.
Mein Papa war manchmal ein komischer Kauz – er hat den Alex immer ein bisschen geneckt und mit ihm allerhand Schabernack getrieben. Mal hat er ihn an der Mähne gezogen, ein anderes Mal hat er ihn mit dem Spazierstock geärgert. Auch hat er mir immer wieder gesagt, ich müsste den Alex am Bauch mit den Schuhspitzen kitzeln – dann würde das Pferd schneller laufen –, aber das habe ich dann doch nicht gemacht. Alex hat sich die Neckereien alle gemerkt.
Es hatte kurz zuvor etwas geregnet, als wir auf einem steilen Waldweg bergab ritten, musste ich mich besonders fest an der Mähne festhalten. Alex ging auch Schritt für Schritt besonders langsam und vorsichtig den glitschigen Abhang hinunter.
Nur mein Papa wollte den Alex mal wieder ärgern. Und das hat sich der Alex nicht gefallen lassen. Mit einem großen Sprung ist er auf meinen Papa zugesprungen und biss ihm den Hut vom Kopf herunter und fing an den Hut aufzufressen. Ich war so erschrocken, dass ich im hohen Bogen vom Pferderücken auf den Grasboden fiel und vor die Hufe von Alex rollte. Der hat aber aufgepasst und mich nicht mit den schweren Hufeisen getreten.
„Hilfe, Hilfe“, rief mein Vater, „das Pferd frisst meinen Hut auf.“ Ich aber war stinkesauer auf meinen Papa – zur Strafe musste er Alex ein Stückchen Zucker geben. Den angefressenen Hut konnte er sich nicht mehr auf den Kopf setzen.
